Ich bin ein ungeduldiger Grower. Teilweise hab ich meine Ernte schon zur Hälfte aufgedampft, bevor sie überhaupt trocknen (geschweige denn curen) konnte. Als ich das erste Mal von “Watercuring” erfahren habe, musste ich das mal probieren.

Was ist das?

Normalerweise muss man sein Gras ja nach der Ernte nicht nur korrekt trocknen, sondern auch mindestens ein paar Wochen im Einmachglas “ziehen” lassen. Durch die kontrollierte Lagerung wird der “Heugeruch” (Chlorophyll und andere Pflanzenstoffe) abgebaut und die charakteristischen Aromen entwickeln sich.

Wie schon erwähnt kann das eeeeewig dauern, und da überlegt man sich allerhand Dinge, wie man das nervige Gewarte verkürzen kann.

Und hier kommt das Watercuring ins Spiel. Dabei legt man sein Weed für ein paar Tage in Wasser ein, welches in der Theorie die wasserlöslichen Begleitstoffe wie Chlorophylle und co. herausschwemmt, aber das gute Zeug (Cannabinoide und die meisten Terpene) in den Trichomen behält.

Wichtig zu erwähnen ist dabei noch, dass es sich hier juristisch um keine Extraktion handelt, da es nicht Ziel ist, irgendwelche Wirkstoffe zu potenzieren oder so.

Experiment

Tag 1

Ich habe einen schönen großen Zweig meiner frisch geernteten Durban Dew genommen und in eine (thematisch passende) Flasche dest. Wasser mit einem Tropfen verdünnter Phosphorsäure (pH-Minus für Hydro) eingelegt.

Der Tropfen Säure sorgt dafür, dass der pH auf ca. 5 gesunken ist, was den Fluss der Pflanzensäfte aufrecht erhält. Ob das jetzt was gebracht hat oder nicht kann ich nicht sagen.

Durch das quasi salzfreie Wasser sollte durch den osmotischen Druck auch schon viele der Säfte nach und nach rausgesogen werden und ins Wasser übergehen.

Das wurde dann mit einem Pflanzschild als Niederhalter über Nacht dunkel eingelegt, damit alles anaerobisch ist und nix gammelt.

Tag 2

Einen Tag später sieht die Lösung so aus:

Pfui! Nicht nur ist sie trüb geworden, sondern stinkt auch wie richtig widerlicher Früchtetee.

Schnell weggekippt und dieses Mal mit Leitungswasser aufgefüllt.

Tag 3

Wieder trüb, roch etwas funky. Ungefähr ein bisschen wie angespülte Algen am See, die schon etwas antrocknen.

Habs dann paar Mal ausgewaschen und leicht geschüttelt, und danach roch das Wasser recht neutral, aber bisschen zu sehr nach den Blüten. Hauptsächlich aber nach Grüngutabfall.

Tag 4

Heute wird Sauerkraut fermentiert! Klingt doof, aber ist so.

Der Vortag hat mir etwas Sorgen gemacht. Der Geruch von “Algenblüte im Hochsommer” hat den Gedanken geweckt, dass hier was fermentiert wird. Aber nicht auf die geile Art und Weise.

Deswegen hab ich mir gedacht “Fuck it” und hab aus dem puren Wasser eine 2%ige Salzlake gemacht, und das Weed dieses Mal über Nacht darin eingelegt. Wie immer hab ich natürlich geschüttelt, damit die Luftblasen verschwinden und alles sauerstofffrei bleibt.

Die hohe Salzkonzentration tötet wie beim Sauerkrautmachen alle Mikroben bis auf auf Milchsäurebakterien. Eigentlich wollte ich nichts fermentieren, aber ich denke auch, es lässt sich nicht vermeiden, und lieber harmlose Milchsäurebakterien als was fieseres, oder?

Tag 5

Das Einlegen ist jetzt fertig. Die Farbe hat stark nachgelassen und es riecht inzwischen relativ neutral.

Jetzt noch fix mit dest. Wasser abwaschen und auf geht’s zum Trocknen. So sieht die halbwegs trockene Blüte nun aus:

Und so unterm Mikroskop:

Die Trichome sind, vermutlich durchs Schütteln und Abwaschen, teils leicht beschädigt, aber sehen ansonsten gut aus.

Leider lässt das Aroma sehr zu wünschen übrig. Von dem tollen fruchtigen Waldgeruch der Blüten ist quasi nichts mehr vorhanden.

Tag 10+

Die Blüten wurden für ein paar Tage getrocknet und sind konsumbereit.

Leider schmecken sie wie ausgelutscht. Optimistisch betrachtet ist das jetzt aber ein tolles Stealth-Weed! :D Fragt sich nur, für was, jetzt wo’s legal ist.

Knallen tut’s trotzdem, und das ist das wichtigste, lol. Ich heb’s mir für schwere Zeiten auf, aber meine erste Wahl wird es nicht sein.

Fazit

War ganz interessant, aber würde ich weder empfehlen noch wiederholen. Ich mag halt nicht nur die Wirkung, sondern auch sehr den Geschmack, und dieser, bzw. die Gesamtqualität, hat enorm unter dem Prozess gelitten.

Im Endeffekt würde ich sogar behaupten, dass ich lieber 2 Wochen länger warte, bis ich meine Ernte genießen kann, denn SO viel schneller geht es nun wirklich nicht, aber man riskiert Schimmel und anderes Gammelgedöhns durch die Nässe.

  • ObiWahn@feddit.org
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    4
    ·
    3 days ago

    Wie schon erwähnt kann das eeeeewig dauern, und da überlegt man sich allerhand Dinge, wie man das nervige Gewarte verkürzen kann

    Dörrautomat?

    • Antarktisgadse@feddit.org
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      6
      ·
      3 days ago

      Von Dörrautomaten (welche nur die Temperatur und Luftzirkulation kontrollieren) würde ich abraten, das führt auch nur zu deutlich schlechterem Geschmack im Vergleich zur langsamen “normalen” Trocknung.

      Es gibt aber Geräte wie den Cannatrol Cool Cure, welche auf erstem Blick ähnlich funktionieren, aber eben präzise Temperatur und Dampfdruck (patentiertes System) kontrollieren. Leider ein ziemlich teures Gerät, aber es wurde zumindest wissenschaftlich Untersucht um die Wirksamkeit der Verfahren zu belegen (und das was man in Foren von Nutzern darüber so lesen kann klingt auch sehr vielversprechend).

    • Fliegenpilzgünni@slrpnk.netOP
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      ·
      3 days ago

      Ne, auf keinen Fall. Man darf die Blüten nicht zu schnell trocknen, sonst verlieren sie extrem an Geschmack.

      Dazu hab ich auch schon mal einen Post gemacht, da ging’s um meine Trockenbox.

      Ein Dörrautomat ist direkt doppelt scheiße: nicht nur ist er zu schnell, sondern auch zu warm, und da gehen die Aromen flöten und es schmeckt nach Heu ;)